1996 luden wir während einer ganzen Woche Gäste zum gemeinsamen Anschauen der "tagesschau" ein. In der Kreuzkirche in München Schwabing, wurde die aktuelle Nachrichtensendung jeweils um 20.00 Uhr hochgebeamt (etwa 3 mal 4 Meter). Anstelle des Originaltones musizierten wir live die 4 Ernsten Gesänge von Johannes Brahms. So überlagerten sich zwei in ihrer Zeitstruktur unterschiedliche Sequenzen einerseits die Bild- und Filmstrecke der Nachrichten, andererseits Musik und Text der Gesänge. Da die beiden Sequenzen inhaltlich eng verwandt sind, ergaben sich spannende Wechselwirkungen, die zwar nicht exakt kalkulierbar, aber doch recht wahrscheinlich waren. In den Gehirnen der BesucherInnen trafen alte Texte und emotionsgeladene Musik auf die Bilderflut des Tages und veränderten deren Rezeption. Sie stellten jeden Abend die alte Frage, ob und in welchem Masse wir mehr oder weniger ferne Nachrichten nah an uns heranlassen können: Telepräsenz - Wie viel ferne Nähe verträgt der Mensch?
Ein Artikel in der SZ vom 30. November 1996 und ein Bericht im Kulturjournal des Bayerischen Rundfunks machten auf die Aktion aufmerksam, so dass wir danach die Arbeit noch mehrfach vollziehen konnten (u.a. in der Evangelischen Akademie Tutzing 1998, an der Internationalen Performance Tagung in Mannheim 2000 und bei "BONE 12 am Rande der Performance" in Bern 2009).
Im Buch "FLIMMERNDE ZEITEN. Vom Tempo der Medien."
Hrg.: Schneider, M. und Geissler K. Hirzel Verlag Stuttgart, Leipzig 1999 wurde eine längere Bildstrecke publiziert, die das verwirrende Zusammenfallen von alten Texten mit neuen Bildern veranschaulichen. Für meine Retroaudive (2001) in der "t-u-b-e, galerie für radiophone kunst, installationen, audio-performances" der Stadt München wurde ein Video hergestellt, das die Wechselwirkungen zwischen Musik und Nachrichten verdeutlicht.